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ABSEITS:GÜTE

„Alles, was reifen soll,
braucht langes Ruhen.
Alles, was zur Tiefe drängt,
braucht die Behütung eines gütigen Abseits.“
Gertrud von LeFort, Gedichte und Aphorismen, Franz Ehrenwirth Verlag, München, 1962, S. 103


„Die Behütung eines gütigen Abseits“ – was für eine besondere Formulierung!
Und sie enthält so viel Bedeutungsvolles für den Anfang des neuen Jahres …

Schauen wir uns dazu zuerst mal den ersten Satz der Aussage von Gertrud von LeFort an:
„Alles, was reifen soll, braucht langes Ruhen.“
Das ist im Leben so … und auch die Schöpfung bildet das ab – zum Beispiel in den Wachstumsschritten jeder Pflanze.
Wirkliche Reife braucht Zeit.
Wachstum geschieht.
Nach und nach.
Nicht auf eine Schlag.
Nicht ohne zeitlichen Freiraum.
Nicht ohne Wartezeiten.
Es liegt in der „Natur der Dinge“, dass Wachstum nicht erzwungen werden kann.
Eine Pflanze muss in Ruhe reifen dürfen.

Aber auch Situationen dürfen sich entwickeln. 
Entscheidungen dürfen reifen. 
Gedanken dürfen auch mal zum Reifen auf die Wartebank geschoben werden. 
Taten dürfen auch mal ausgesetzt werden, zur Ruhe kommen.
Nicht alles muss immer sofort und gleich geschehen – sofort gesagt und getan werden.
Manchmal wird Reife sogar durch zu viel Schnelligkeit zerstört – so wie eine Pflanze, die man versucht größer zu ziehen, damit sie schneller wächst.

Reife braucht Zeit und Ruhe.
Wenn ich das verinnerliche, ändert das meine Haltung zu allen Dingen.
Dann ist mir bewusst: Nicht jede Tat, nicht jeder Gedanke, nicht jede Situation ist immer sofort „reif“.
Gute Früchte brauchen Freiraum. Gute Ergebnisse brauchen Reifezeit.
Cory Asbury beschreibt das in einem seiner Lieder mit Worten seines Großvaters:
Nimm dir ein Beispiel am Whiskey,
Ein wenig Weisheit aus dem Wein. […]
Also lass es langsam angehen, […]
Gute Dinge brauchen Zeit.


Mit diesen Gedanken zum ersten Satz erschließt sich uns auch der zweite Satz von Gertrud von LeFort:
„Alles, was zur Tiefe drängt, braucht die Behütung eines gütigen Abseits.“
Heißt: Wachstum in die Tiefe – ob in der Schöpfung oder in Reifeprozessen unseres Lebens – muss behütet werden.
Und zwar durch Rückzug und Distanz.
Tiefe und Einsicht wächst nämlich,
indem ich Abstand gewinne,
Bewegungsfreiheit erlebe,
Weite spüre,
Pause mache.
Das alles kann für uns ein „gütiges Abseits“ werden. So können wir reifen und uns vertiefen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein abstands- und vertiefungsreiches neues Jahr 2025.

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