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Wenn wir aufrichtig miteinander sprechen – wer ist da der Unglückliche? Doch nur, wer die Liebe nicht hat.
Ralph Waldo Emerson (1803 – 1882)
Ihr wisst, wenn ihr bewusst durch den Tag geht, dass es viel Unausgesprochenes in unseren Beziehungen gibt.
Wir sagen in der Regel nie alles, was wir denken – vor allem bei unangenehmen Dingen.
Man hört selten Sätze wie:
„Du bist mir unsympatisch“ … „Deine Art ärgert mich“ … „Das hat mich verletzt“ … „Du bist mir ein Rätsel“.
Das hat mit dem zu tun, dass wir alle nette Menschen sind, die niemanden verletzen möchten.
Oder dass es uns unangenehm ist, so ehrlich zu sein.
Oder dass ja noch nicht raus ist, was passiert, wenn wir aufrichtig wären.
Oder dass wir denken, es sei nicht nötig, manche Dinge anzusprechen.
Du spürst aber auch, wenn Du bewusst durch den Tag gehst, dass Unausgesprochenes Dich unsicher macht, manchmal sogar ohnmächtig.
Du spürst genau, dass sich jemand über Dich ärgert,
dass jemand unzufrieden mit Dir ist,
dass jemand verletzt ist,
dass jemand Erwartungen an Dich hat … aber nichts sagt.
Du kannst das nicht richtig greifen … irgendwie schwebt es zwischen Euch.
Ich nenne das „Unausgesprochenes“, weil es viel zu selten aufrichtig und liebevoll „zur Sprache kommt“.
Aus schmerzlicher Erfahrung weiß ich:
Unausgesprochenes behindert oder zerstört Beziehungen.
Unausgesprochenes wirkt immer.
Und es gewinnt Macht über uns.
Ihr merkt das nicht nur an Euch selbst, sondern auch an Euren Beziehungen.
Euch geht die Freiheit verloren,
die Unbeschwertheit,
die Offenheit,
die Verbundenheit.
Wenn Unausgesprochenes negativ wirkt, dann ist klar:
Es darf nicht im „schwebenden Zustand“ bleiben – es muss greifbar werden.
Es darf nicht unausgesprochen bleiben – es muss gut angesprochen werden … respektvoll, liebevoll und zur richtigen Zeit.
Dieses Anliegen übrigens stimmt mit dem überein, was Jesus in der Bergpredigt beschreibt.
Er spricht da von einer Situation, in der Unausgesprochenes zwischen zwei Menschen steht:
„Wenn du deine Gabe zum Altar bringst und dir dort einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe dort vor dem Altar; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder! Danach komm und bring Gott deine Gabe dar.“ Matthäus 5,23+24 (NGÜ)
Es geht Jesus hier nicht darum, dass ich etwas gegen einen anderen haben, sondern dass ein anderer unausgesprochen etwas gegen mich hat. Und der Tipp von Jesus könnte besser nicht sein:
Geh den ersten Schritt!
Mach das Nicht-zu-Greifende greifbar!
Sprich das Unausgesprochene an!
Es wirkt sonst negativ … und zerstört.
Sagt Jesus.
So verhindern wir, dass andere Menschen oder andere Dinge Macht über uns gewinnen.
So erhalten wir die Freiheit zurück.
Aufrichtigkeit klärt.
Das ist auch der Grund, warum ich in meinem Morgengebet täglich den Satz spreche:
„Herr, segne meine Worte, dass sie Unausgesprochenes ansprechen.“
Ich drücke damit aus, dass ich Schwebendes, Ungreifbares, Unausgesprochenes nicht einfach in meinem Leben akzeptieren will. Und ich drücke damit aus, dass ich Hilfe und Mut von Gott brauche, um alles auch wirklich aufrichtig und liebevoll anzusprechen.
Zum Weiterdenken:
Manches Unausgesprochene kann auch unausgesprochen bleiben.
Manche Stürme legen sich, manche Unerklärlichkeiten klären sich, manche Rätsel lösen sich, mancher Ärger verfliegt.
Kriterium für’s Ansprechen ist: entstehender Schaden, vertiefende Verletzung und wachsende Unsicherheit.


