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Schönheit entfaltet sich nur im freien Raum. Nur im freien Raum sind Ereignisse, Gegenstände und Menschen unwiederholbar und unersetzlich und bedeutungsvoll – und deshalb auch schön.
Anne Morrow Lindbergh (1906 bis 2001), in: Muscheln in meiner Hand, R. Piper & Co. Verlag, München 1980, S. 76
Es ist eindeutig:
Zu viel Kunst auf engem Raum raubt einzelnen Werken die Schönheit.
Ein schönes Kunstwerk braucht Freiraum, um seine Wirkung zu entfalten.
Ein ästhetisches Gebäude kommt deutlicher zur Geltung, wenn es nicht inmitten anderer Bauwerke steht.
Anne Morrow Lindbergh, die Ehefrau und Kopilotin von Charles Lindbergh, dem Atlantik-Überflieger, nennt in diesem Zusammenhang noch andere Dinge – aus Natur und Alltag:
„Ein Baum wird bedeutungsvoll, wenn man ihn vor der leeren Fläche des Himmels betrachtet. Ein Ton einem Musikstück gewinnt an Bedeutung, wenn er zwischen zwei tonlosen Pausen steht. Eine Kerzenflamme blüht im Raum der Nacht.“
Halten wir fest:
Eine überladene Umgebung verdeckt die Schönheit.
Die Schönheit der Kunst,
die Schönheit der Natur –
und ebenso die Schönheit des Lebens.
Denn unserem Leben fehlt oft der Freiraum.
Unsere Zeit ist zu verplant,
unsere Räume zu voll,
unsere Aufgaben zu geballt,
unsere Zerstreuungsmöglichkeiten zu vielfältig,
unsere Besitztümer zu umfangreich.
So verliert unser Leben an Strahlkraft.
Der Raum fehlt, die Zeit fehlt.
Masse gewinnt, Ablenkung regiert, Überfüllung verdeckt.
Wie aber können wir unsere Räume wieder befreien?
Wie kann unser Leben wieder an Schönheit gewinnen?
Ich bin der Überzeugung:
Es wird nur schön, wenn wir reduzieren, verzichten und loslassen.
Das heißt:
Wir müssen aufhören, unsere Tage völlig auszuplanen:
wir brauchen Freiräume, in denen sich Kreativität und Schönheit entfalten kann.
Wir müssen aufhören, unser Räume immer gefüllt zu halten:
wir brauchen Freiräume, in denen wir allein sind und innerlich schön werden.
Wir müssen aufhören, immer unseren Besitz zu mehren:
wir brauchen Freiräume, in denen wir an nichts hängen – und andere brauchen unsere Großzügigkeit.
Wir müssen aufhören, immer etwas am Laufen zu halten:
wir brauchen Freiräume, in denen wir auf Wesentliches und Göttliches fokussiert sind.
Nur wenn wir frei:räumen, anhalten, loslassen, reduzieren, verzichten, fokussieren werden wir schön.


