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„Natürlich kann man dieses Gebot (Liebe Gott von ganzem Herzen, Markus 12,30) unmöglich erfüllen, ohne Gott völlig zu vertrauen, ohne wirklich zu glauben, dass nur Gutes von ihm kommt und dass er es stets gut mit uns meint, solange wir seinen Willen tun.
Das zweite Gebot Jesus ist so wichtig wie das erste, nämlich: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.
Der Teufel wird immer versuchen, uns etwas zuzuflüstern, damit wir unserem Nächsten nicht vertrauen. Wenn wir darauf hören, werden unsere menschlichen Beziehungen durch Zwietracht, Misstrauen und Sünde vergiftet.“
J. Heinrich Arnold, in: Leben in der Nachfolge, The Plough Publishing House of the Bruderhof, 1996, S. 41/42
Ein interessanter Gedanke:
Wenn Gott lieben, „ihm vertrauen“ heißt, bedeutet den Nächsten lieben „unserem Nächsten vertrauen“.
Bei Gott können wir das denken, beim Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen ist das schon schwerer.
Unsere Beziehungen leiden daran, dass wir missvertrauen, nichts Gutes zutrauen und Böses unterstellen.
Wie aber können wir Vertrauen lernen?
Vertrauen ist – gegenüber Gott und Mensch – immer eine aktive Vorschussleistung.
Ich entscheide mich, nicht skeptisch zu sein.
Ich schenke Vertrauen statt Bedenken.
Ich wähle Vertrauen statt Argwohn.
Das ist eine aktive Entscheidung und ein ungewisses Wagnis, denn es besteht immer die Möglichkeit, dass mein Vertrauen missbraucht oder enttäuscht wird. Ich mache mich also mit jedem Vertrauensakt verletzlich. Doch: Ohne den Mut zur Verletzlichkeit werde ich keine positiven Erfahrungen machen, werde ich keine tiefen Beziehungen erleben. Verletzlichkeit gehört zum Mensch-Sein. Wir können sie nicht vermeiden. Wir sollten sie annehmen.
Und dann mutig Vertrauen weitergeben.
Es ist wie ein „Grundgesetz der Liebe“: Nur wer Vertrauen schenkt, bekommt auch Vertrauen zurück.
Das ist der Lohn des Vertrauens.
Wer Menschen nur misstraut, wird kein Vertrauen erleben und seine Beziehungen vergiften.
Menschen – also wir – sehnen sich doch danach, dass ihnen Vertrauen entgegengebracht wird.
Wir alle haben schon erlitten, wie sehr das Misstrauen anderer Menschen uns lähmt, verwirrt und verletzt.
Und wir haben erlebt, wie Vertrauen uns antreibt, ruhig macht und heilt.
Deshalb:
Liebe weitergeben, indem wir Vertrauen schenken.
Hoffnung bringen, indem wir Gutes erwarten.
Glauben fördern, indem wir Verletzlichkeit annehmen.
Jeder soll hören:
„Ich vertraue dir, ich hoffe auf dich, ich glaube dir.“
Ich denke mit Heinrich Arnold, dass „Menschen lieben“ nicht zu trennen ist von „Menschen vertrauen“.


