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DANK:VERFASSUNG

Dank ist vielmehr eine Verfassung denn eine Aussprache.
Rainer Maria Rilke, Hiersein ist herrlich – 365 Tage mir Rilke, Insel-Verlag Berlin, 2013, 25. November

Vordergründig zeigt sich Dankbarkeit in Worten … ist aber mehr als das.
Sie ist vielmehr Einstellung als Feststellung.
Vielmehr Gesinnung als Gerede.
Vielmehr Denkweise als Redeweise.
Oder, wie Rilke schreibt: „vielmehr Verfassung als Aussprache“.

Wie aber finden wir zu einer solchen Haltung?
Ich bin der Überzeugung:
Der Anfang liegt im Denken, nicht im Danken,
liegt im Bewusst-Machen, nicht im Worte-Machen.

Es ist doch so:
Alles wirklich Wesentliche in unserem Leben haben wir nicht selbst erschaffen oder erworben, es kommt von „außen“:
Dass wir geboren wurden und wo wir geboren wurden, haben wir uns nicht selbst ausgesucht.
Die Natur haben wir nicht selbst geschaffen. Die Luft können wir nur einatmen , weil sie für uns da ist. 
Die Grundordnungen unseres Lebens haben wir uns nicht selbst ausgedacht. Kindheit, Jugend, Alter sind vorgegeben. Ebenso auch die Grundordnungen des Tages und Jahres, Tageszeiten und Jahreszeiten.
Was ein Mensch besonders gut kann, seine Gaben, hat er sich nicht im Geburtskanal erarbeitet – das Wort „Gaben“ zeigt an, dass sie „gegeben“ sind.
Kein Mensch kann garantieren, dass er am kommenden Morgen aufwacht. Das Leben ist ebenfalls gegeben – also Gabe und Geschenk. 
Genauso auch die Vergebung. Die empfange ich, bekomme ich geschenkt. Mir wird vergeben – von Mitmenschen und Gott.
Und ebenso der Glaube. Den „er-glaube“ ich mir nicht selbst. Ich reagiere auf eine göttliche Begegnung, einen „Ruf“ von außen.

Fazit: Alles wirklich Bedeutsame im Leben ist „unausweichliches Geschenk“. Wir sind beschenkt – ohne um Erlaubnis gefragt zu werden. 
Der Jesuit Piet van Breemen drück das mal mit den schönen Worten aus:
„Hier ist nichts zu machen – aber unendlich viel zu empfangen.“
Auch Paulus spricht in der Bibel davon – mit der rhetorischen Frage:
„Was hast du, was du nicht empfangen hättest?“ 1. Korinther 4,7
Alles ist geschenkt!

So zu denken, fördert eine dankbare Haltung – und führt zu dankbaren Worten.
Der Ursprung ist die „Verfassung“ – das Ergebnis die „Aussprache“.

Also:
Zuerst reflektieren, dann verbalisieren.
Zuerst denken, dann danken.

Nebenbei bemerkt … ich bin davon überzeugt:
Unsere Mitmenschen werden es uns danken, wenn wir diese Haltung etablieren.
Denn: Dankbare Menschen sind angenehme Menschen.



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