Alltags:Leben Glaubens:Leben Zusammen:Leben

GLEICH:GEWICHT

Strebe nach Einheit,
aber suche sie nicht in der Einförmigkeit;
strebe nach Ruhe,
aber durch das Gleichgewicht, nicht durch den Stillstand deiner Tätigkeit.

Friedrich Schiller (1759 – 1805), in: Theoretische Schriften. Über naive und sentimentalische Dichtung, 1794-1795

Was für ein kluger Satz!
Zwei Teile, ein Satz.

Erster Teilsatz:
Einheit ist erstrebenswert. Denn:
Einheit verbindet und verbündet,
Doch wie finden wir sie – in unseren Beziehungen und unseren Vereinigungen?
Friedrich Schiller warnt davor, sie in Einförmigkeit zu suchen. Hier stimmt er überein mit dem Theologen und Mystiker Meister Eckhart, der erklärt:
Wo Gleichheit ist, ist keine Einheit, denn Gleichsein raubt die Einheit.“
Einförmigkeit (Gleichheit) macht noch lang keine Einheit.
Denn der Einförmigkeit fehlt es an Freiheit.
Sie streitet gegen bereichernde Unterschiedlichkeit,
kämpft gegen bedingungslose Annahme,
wehrt sich gegen unvoreingenommene Begegnung.
Nochmal die Frage:
Wo finden wir sie dann, die Einheit?
Ich bin davon überzeugt, dass wir sie in einem gemeinsamen Mittelpunkt suchen müssen –
einem Mittelpunkt, der wichtiger und wirkungsvoller ist, als alles andere.
In christlichen Gemeinschaften ist diese Mitte Christus – nur von dort aus ist Einheit möglich.

Zweiter Teilsatz:
Ruhe ist erstrebenswert. Denn:
Ruhe macht ausgeglichen und ausgewogen.
Deshalb stellt Schiller die Ruhe in den Zusammenhang mit Gleichgewicht („durch das Gleichgewicht, nicht durch den Stillstand deiner Tätigkeit“).
Vielleicht habt ihr das ja auch schon erlebt:
Es braucht so viel, um im Gleichgewicht zu sein – und es braucht so wenig, um ins Ungleichgewicht zu kommen.

Weil ich das schon viel zu oft „erlitten“ habe, stelle ich mir seit Jahren regelmäßig die Frage
„Bin ich noch im Gleichgewicht?“.
Ich beantworte sie mir (meist im Gespräch mit Gott) anhand einer Liste von Gegensätzen. Die sieht so aus:

Bin ich noch im Gleichgewicht zwischen …
… Ruhe und Arbeit?
… Hören und Tun?
… Zuhören und Reden?
… Einsamkeit und Gemeinschaft?
… Genießen und Fasten?
… Träumen und Genügen?
… Kaufen und Spenden?
… Lesen und Nachdenken?
… Empfangen und Geben?

Diese Liste ist im Lauf der Jahre länger geworden, weil ich immer neue „Gleichgewichtsstörungen“ bei mir entdeckt habe – aber sie hilft mir, schneller ins Lot und zur Ruhe zu kommen.
Vielleicht wäre eine solche Liste ja auch etwas für dich?!

Das könnte dich auch interessieren