Glaubens:Leben

GOTTES:FERNE

Der Kontakt mit menschlichen Wesen ist uns durch das Gefühl der Gegenwart gegeben.
Der Kontakt mit Gott ist uns durch das Gefühl der Abwesenheit gegeben.
Aber diese Abwesenheit ist gegenwärtiger als alle Anwesenheit.
Simone Weil (1909 – 1943)

Manchmal scheint Gott für uns abwesend.
Seine Gedanken bleiben rätselhaft,
sein Handeln bleibt unverständlich,
seine Wege bleiben geheimnisvoll.
Er ist verborgen.
Simone Weil hat in ihren Werken immer wieder beschrieben, wie die Abwesenheit und Verborgenheit Gottes auf das menschliche Wesen wirkt. Sie behauptet, dass die Verborgenheit Gottes eher ein Zeichen unserer Distanz zu Gott ist als ein Zeichen seiner Nicht-Existenz – und oft nicht den Glauben an ihn verhindert.
Das ist auch meine Erfahrung.
Wir leben im „Glauben und nicht im Schauen“ (2. Korinther 6,7). Die Nicht-Sichtbarkeit Gottes und der Glaube an ihn schließen einander nicht aus. Und obwohl wir das schon oft gehört haben, macht es uns zu schaffen … auch Simone Weil kämpft damit. Sie nennt das eine „schwierige Hoffnung“.

Sie denkt aber noch weiter und entdeckt, dass die Verborgenheit Gottes dem Menschen die Möglichkeit gibt, aufmerksamer zu werden … für die Spuren Gottes in der Güte und Weisheit der Schöpfung, in der Liebe zu seinen Geschöpfen und in den Zusammenkünften seiner Gemeinde. Hier sei Gott „wirklich, wenn auch auf verborgene Weise gegenwärtig“ (Essay, Formes de l’amour implicite de Dieu, S. 286).

Und was heißt nun das, was Simone Weil schreibt, für uns:
Gott ist verborgen. Er ist der „Vater, der im Verborgenen ist“ (Matthäus 6,6).
Gott ist verborgen … und deshalb setzen wir unser Augenmerk auf seine sichtbaren Spuren in dieser Welt.
Gott ist verborgen … und macht sich ab und an sichtbar – in perfekter Weise durch seine Menschwerdung in Jesus.
Gott ist verborgen … und doch ist seine Abwesenheit gegenwärtiger als alle Anwesenheit.
Seine Verborgenheit fordert uns heraus, denn sie fordert unseren Glauben.
Mit Worten Simone Weils:
„Glauben, dass nichts von dem, was wir begreifen können Gott ist […]. Aber genauso glauben, dass das, was wir nicht begreifen können, wirklicher ist als das, was wir begreifen können […]. Und schließlich glauben, dass das Unbegreifliche trotzdem erscheint, und zwar verborgen.“ (Cahiers Vol. 2, Galliard Paris, 1997, S. 318)

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