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Es ist so leicht zu hassen und dabei zu glauben, dass man tapfer ist.
Anne Morrow Lindbergh, in: Welt ohne Frieden – Tagebücher 1939-1944, Piper Verlag Zürich 1986, S. 144
Kürzlich gelesen:
In Berlin soll es ein Magazin geben, das „Hate“ (Hass) heißt. Untertitel: Magazin für Lebensstil und soziale Relevanz.
Hass ist sozial relevant geworden.
Und gesellschaftsfähig.
Und bewundernswert.
Wer seine Meinung voller Hass in die Gesellschaft schreit, wird als mutig deklariert.
Wer zum Mob der Wütenden gehört, hat schnell viele Follower.
Wer andere diffamiert, hat die Lacher auf seiner Seite.
Hass wird leicht, beobachtet Anne Morrow Lindbergh.
Da stimmt was nicht!
Hass wird nicht mehr verachtet. Eher ignoriert. Manchmal sogar akzeptiert. Und schlimmstenfalls angebetet.
So entsteht eine Stimmung, die tödlich wirkt.
So verstummt das Gespräch. So verliert die Vernunft.
So verschwindet die Ehrfurcht. So verglüht der Kompromiss.
Nicht nur in unseren Kriegen, nicht nur in unserer Gesellschaft – sondern auch in unseren Beziehungen.
Und die Gründe für Hass?
Meist Verbitterung, manchmal Ohnmacht, immer wieder Heimatlosigkeit, ab und zu Kontaktarmut – und Gewalt und Angst und Enttäuschung und …
Wenn du wissen willst, wie du vermeiden kannst, selbst zum Hasser zu werden:
heb den Blick ein Stück,
weite dein Innen mit allen Sinnen,
sei ungewöhnlich und versöhnlich
und vor allem: schau weg … von dir.
Nimm Lebensführungen, Andersartigkeiten und Ungerechtigkeiten nicht immer persönlich.
Und hör auf, Haltungen zu etablieren, die sich in Worten wie „Kante zeigen“ und „Tacheles reden“ verwörtlichen – sie sind der subtile Türöffner für Abgrenzung, Selbstüberhebung … und manchmal auch für Hass.
Noch eine letzte Frage: wie kann der Teufelskreis des Hasses durchbrochen werden?
Hier leihe ich mir die Worte von Dietrich Bonhoeffer:
- Wie geschieht das: nicht dadurch, dass wir dem Bösen des anderen Nahrung geben an unserm Bösen, dem Hass des anderen an unserm Hass, sondern dadurch dass das Böse ins Leere stößt und nichts findet, woran es sich entzünden kann.
Wie überwinden wir das Böse? Indem wir es vergeben ohne Ende. Wie geschieht das? Indem wir den Feind sehen als den, der er in Wahrheit ist, als den, für den Christus starb, den Christus liebt. (Dietrich Bonhoeffer, Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940, DBW Band 15, Seite 466)
Oder wie Paulus zusammenfasst:
- Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse mit Gutem. (Römer 12,21)
Klarer, herausfordernder und strittiger kann man es nicht sagen!


