Glaubens:Leben

HIMMELS:RICHTUNG

Gott aus Licht und Licht aus Licht,
Feuer, das aus Feuer bricht,
Ewigkeit, noch nie erkannt,
Himmel, der zur Erde fand.
Licht, das sich den Hirten zeigt,
Wort, das in Palästen schweigt,
Macht, die unsre Ohnmacht sieht,
Gott, der seine Himmel flieht.
Kind, von dem die Mutter singt,
Leben, das uns Leben bringt,
Frucht, die in der Erde reift,
Geist, der unsern Geist ergreift.
Kind, das in der Krippe liegt,
König, der sich selbst besiegt,
Wind, der durch die Herzen weht,
Leben, das aus Gott entsteht.
Friede, den kein Sturm zerstört,
Wort, das unsre Worte hört,
Wahrheit, die an Blinde denkt,
Liebe, die sich selbst verschenkt.
Himmel, der die Erde liebt,
Liebe, die dem Feind vergibt,
Feuer, das für alle brennt,
Gott, der keine Grenzen kennt.
Lobt die Macht, die sich verneigt.
Lobt den Himmel, der nicht schweigt.
Lobt das Licht, in uns entfacht,
Licht aus Licht in unsrer Nacht.
Georg Schmid, 1989, Evangelisch-reformiertes Gesangbuch RG Nr. 430

… so dichtete der Schweizer Religionswissenschaftler und Theologe vor 35 Jahren.
Was für eine nachdankenswerte Beschreibung des Geschehens um Weihnachten!
Wort für Wort, Satz für Satz!
Ein paar Formulierungen haben es mir besonders angetan:
„Himmel, der zur Erde fand.“
„Gott, der seine Himmel flieht.“
„König, der sich selbst besiegt.“
„Liebe, die sich selbst verschenkt.“
„Himmel, der die Erde liebt“

Treffender kann man die Bewegungsrichtung von Weihnachten nicht beschreiben.
Gott hat einen Zug nach unten.
Er bleibt nicht fern, wird nah.
Gott erniedrigt sich selbst.
Er kommt unscheinbar, wird nahbar.
Er drängt zur Erde.
Das ist seine „Himmelsrichtung“.
„Himmel, der zur Erde fand“, „Gott, der seine Himmel flieht.“, „Himmel, der die Erde liebt“.

Ich weiß:
Das ist so völlig gegensätzlich zu den gegenwärtigen gesellschaftlichen Werten:
Erniedrigen ist schwach. Unscheinbares wird übersehen. Fernes bleibt fremd.
Doch Weihnachten beweist:
Es gibt eine Art von Größe, die sich erniedrigen kann.
Es gibt eine Art von Macht, die auf sich selbst verzichten kann.
Es gibt eine Art von Herrlichkeit, die von sich selbst absehen kann.
Es gibt eine Art von Heiligkeit, die sich erreichbar machen kann.
All das verkörpert Jesus als Kind in der Krippe.


Vielleicht wird ja dieses Weihnachten für uns der Beginn einer neuen Lebens-Richtung:
… einer neuen Blick-Richtung, einer neuen Denk-Richtung, einer neuen Lauf-Richtung, einer neuen Ziel-Richtung. Menschennah. Dienend. Liebevoll. Mit einem Zug „nach unten“.

In diesem Sinn: Lass es Weihnachten werden!
Und wenn du in den kommenden Tagen Zeit findest, lies Satz für Satz das Lied von Georg Schmid – es steckt viel drin.


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