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Des Weisen Amt ist: ordnen.
Thomas von Aquin (1225 bis 1274), in: Ordnung und Geheimnis, Hegner-Bücherei 1949, S. 65
Wir sehnen uns nach Weisheit,
möchten gute Entscheidungen treffen,
tiefe Verbindungen verstehen und
klare Vorstellungen vom Leben haben.
Das – so denken wir – ist Weisheit.
Doch die Weisheit, von der Thomas von Aquin spricht, ist viel mehr.
Weisheit ist für ihn die angeeignete Fähigkeit, die Wirklichkeit zu erfassen und zu ordnen – und sie erklären zu können. Ein weiser Mensch sieht dabei nicht nur das punktuelle Ergehen und die offensichtlichen Entwicklungen.
Er sieht darüber hinaus versteckte Verknüpfungen,
wichtige Bezüge und
große Zusammenhänge.
Thomas von Aquin nennt das gerne „sich richten auf den Zielsinn des Alls“.
Aus dieser „globalen“ Sicht entwickelt sich in weisen Menschen das Verständnis, was im Einzelnen zu tun ist.
Weisheit schwebt also nicht im Unkonkreten, sondern schafft letztendlich den Sprung in den Alltag.
Thomas von Aquin unterscheidet zudem zwischen Klugheit und Weisheit. Er nennt die Klugheit „der Weisheit Magd“. Sie dient der Weisheit, indem sie den Menschen hilft, weise zu werden.
Klugheit betrachtet intensiv die Wege,
wie etwas zustande gekommen ist,
wie gehandelt wurde –
und ob etwas hilfreich oder zerstörend ist.
Klugheit ist immer auf den Menschen in seiner jeweiligen Situation bezogen.
Weisheit dagegen beachtet mehr als nur die jeweilige Situation – sie sieht darüber hinaus.
Und sie „ordnet“.
Aber: wie macht sie das?
Sie ordnet in große Zusammenhänge – nicht kleinteilig.
Sie erhebt sich über die konkreten Erfahrungen und Ursachen hinaus in den Himmel der Großsicht.
So wird sie „weitsichtig“ und „übersichtig“.
Das Leben lässt sich besser „ordnen“.
Vor allem, wenn das Ordnen getragen ist von Lebenserfahrung und der Fähigkeit, Erlebnisse in Relation zu stellen.
Oft empfiehlt dann die Weisheit keine eindeutigen Schritte, sondern arbeitet in Bildern und Geschichten (so macht das Jesus übrigens auch … und der weise König Salomo auch). Sie verweigert sich meist dem Konkreten und bleibt im Deutbaren.
D.h. es geht der Weisheit nicht um genaue Anweisungen, sondern um ein Verstehen der größeren Zusammenhänge.
Weisheit will immer die Fähigkeit wecken, in entsprechenden Situationen selbst Wege zu finden.
Das ist dann auch einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Klugheit und Weisheit:
Klugheit regiert durch konkrete Ratschläge.
Weisheit entlässt in die verantwortungsvolle Freiheit.
So weise wär ich gerne …


