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SCHWEIGE:WORT

Ein Wort voll Kraft ist ein Wort,
das aus dem Schweigen kommt.
Ein Wort, das Frucht trägt, ist ein Wort,
das aus dem Schweigen hervorgeht und ins Schweigen zurückkehrt.
Henri Nouwen, Feuer, das von innen brennt – Stille und Gebet, Herder Verlag, Freiburg, S. 54

Nicht jedes Wort spricht – nicht jedes Schweigen schweigt.
Worte können leer sein – Schweigen kann gefüllt sein.
Wir wissen, wenn wir wach sind, dass Worte sprachlos sein können – und Schweigen reden kann.
Du musst nicht sprechen, um viel zu sagen.
Aber du musst schweigen, um bedeutungsvoll zu reden.
Davon redet Henri Nouwen in seinem Buch „Feuer, das von innen brennt“, in dem er Sprüche der Wüstenväter auswertet. Die Wüstenväter (es gab auch Mütter darunter) lebten im vierten und fünften Jahrhundert in der ägyptischen Wüste und bildeten mit ihren Lehren und Ratschlägen die Grundlage für viele veröffentlichte Weisheiten der folgenden Jahrhunderte.

Schauen wir uns die Aussagen der Wüstenväter über’s Schweigen etwas näher an, entdecken wir Weisheit und Wahrheit:

  • Die wirkungsvollsten Worte werden im Schweigen geboren. Wirkung hängt nicht ab von der Masse des Wortschwalls, nicht vom Fülle der Wortwolken, nicht vom Getöse der Wortergüsse. Der Wirkgrund der Worte kommt aus hörendem Schweigen.
  • Schweigen füllt den Geist mit guten Gedanken. Ohne Schweigen bleibt zu wenig Raum für die Weitung der Gedanken. Schweigen schafft den Zeitraum für Gutes. Denn: Nicht jeder Gedanke ist sofort reif zum Teilen. Und im Schweige-Zeit-Raum entdecken wir, wann ein Gedanke so gut ist, dass er geteilt werden kann. Das dauert – aber das wird. Romano Guardini formuliert das so:
    „Aus dem Schweigen lernen wir das wirklich sprechende Wort.“
    Romano Guardini, Briefe über Selbstbildung, Matthias Grünewald Verlag 2001, S. 146)
  • Schweigen proklamiert deshalb immer Ehrfurcht vor dem Wort. Hörendes Schweigen verneint nicht das Wort, sondern würdigt den Wert des Redens. Es ist, wie Max Picard das treffend ausdrückt:
    „Im Schweigen hält die Sprache den Atem an
    und füllt sich wieder mit Ursprünglichkeit auf.
    […]
    Das Schweigen nimmt nicht ab durch das Wort, das aus ihm kommt.
    Das Schweigen wird dichter durch das Wort,
    und das Wort nimmt zu durch das dichtere Schweigen.“
    Max Picard (1888 bis 1965), aus: Jörg Zink, Die goldene Schnur, Kreuz-Verlag Stuttgart 1999, S. 45

Also:
Keine gute Gelegenheit verpassen, um zu schweigen.
Die Menschen, die deine Worte hören, werden’s dir danken.


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