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Ich will nichts aussprechen, was mich hebt, ebenso nichts, was einen anderen heruntersetzt, es sei denn durchaus nötig.
Jakob Gerhard Engels (1826 bis 1897), aus: Arno Pagel, Jakob Gerhard Engels, Brunnen Verlag Giessen, 1954, S. 65
Ein Pfarrer, der im 19. Jahrhundert im oberbergischen Nümbrecht zu Hause war, Jakob Gerhard Engels, hat für sich persönlich 30 Lebensregeln formuliert, die man unter seinen Papieren auf einem unscheinbaren Zettel gefunden hat, und von denen niemand weiß, wann und bei welcher Gelegenheit sie entstanden sind. In Regel 23 spricht er von zwei „Rede-Fehlern“, die er vermeiden möchte:
„Nichts aussprechen, was mich hebt … ebenso nichts, was den anderen herabsetzt.“
Dahinter steckt die Selbstbeobachtung:
Wir sind so schnell dabei, uns selbst mit unseren Worten hervorzuheben, den Abstand zu unseren Mitmenschen zu verwörtlichen, den eigenen Wert unangemessen hochzusetzen.
Wir denken besser von uns – und schlechter von anderen. Unser Denken lenkt unsere Worte.
Denn wir denken so oft, wir hätten mehr auf dem Kasten als andere,
wir könnten Dinge besser beurteilen,
wüssten mehr über’s Leben,
hätten tiefere Einblicke.
hätten mehr Erfahrung.
Und so kommen aus unserem Mund Sätze wie:
„Das wirst du auch noch erkennen“ oder „Komm du mal in mein Alter“ oder „Ich habe im Lauf der Jahre gelernt“.
Wir merken schon gar nicht mehr, wie wir uns dadurch selbst „heben“.
Für alle (außer uns selbst) wird deutlich, dass wir uns überlegen fühlen.
Was dadurch automatisch geschieht, ist ein Herabsetzen unserer Zuhörer.
Noch schlimmer wird’s für unsere Mitmenschen, wenn unsere Worte „aktiv“ herabsetzen.
Das lässt schamvoll und würdelos zurück. Das drückt … bedrückt.
Wer sich selbst durch seine Worte „hebt“ und andere „herabsetzt“, ist nicht wirklich groß.
Denn wahre Größe zeigt sich in kleinen Gesten,
großer Zurückhaltung,
offenen Herzen,
tiefer Zuwendung.
Und im Wissen, dass wir nicht die Einzigen sind, die Zusammenhänge erkennen, prägende Erfahrungen gemacht haben und die richtigen Wege finden.
Ein bisschen Demut tut allen gut.
Zum Schluss:
Jakob Gerhard Engels beginnt seine Regel-Aufzählung mit den betenden Worten:
„Herr, hilf, jeder neue Tag ist dein!“
Amen dazu. Das ist auch mein Gebet.


