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EIN:FLUSS

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Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen,
denn andere Wasser strömen nach.

Heraklit von Ephesus (ca. 540 bis 480 v. Chr.) aus: Diels/Kranz (Hg.), Die Fragmente der Vorsokratiker, hg. von Hermann Diels und Walther Kranz, 3 Bde., Berlin 1903-1910, S. 91

Ein Fluss fließt … immer.
Egal, an welcher Stelle wir hineinsteigen – wir betreten ein neues Wasser.
Das Wasser des einen Moments ist im nächsten Augenblick schon nicht mehr da.
Was für ein schönes Bild!
Und die Bedeutung für uns?

Der Moment wird stark überbewertet.
Der Augenblick wird zu sehr glorifiziert.
Denn es gibt immer mehr als das Gegenwärtige.
Das Leben fließt … immer.
Schöne Zeiten vergehen … böse Zeiten auch.
Tage enden … Nächte auch.
Helle Stunden verschwinden … dunkle Stunden auch.
Jede Momentaufnahme ist nie die ganze Wahrheit unseres Lebens.
Wir sind mehr als unser „Jetzt“. Wir sind immer auch, wer wir waren und wer wir sein werden – denn es gibt eine Wahrheit der Vergangenheit und auch eine Wahrheit der Zukunft über uns.
Unser Leben erschöpft sich nicht im Moment, sondern erschafft sich jeden Augenblick neu.
Heißt:
Nichts ist statisch, nichts endgültig. Also dürfen wir den Moment nicht verherrlichen, nicht absolut nehmen, ihm keine Macht über unsere Gefühle, Gedanken und Taten geben.
Dieses Bewusstsein könnte uns belohnen:
mit Dankbarkeit für die Vergangenheit,
mit Gelassenheit für die Gegenwart,
mit Hoffnung für die Zukunft.

Ein weiterer Gedanke von Heraklit zum „Fluss des Lebens“:
Das Leben steht niemals still.
Er sagt das so:
Alles ist in Bewegung und nichts bleibt stehen.
Unser Lebens-Fluss hört nicht auf zu fließen.
Unser Ein-Fluss ist nicht grenzenlos.
Jeder Über-Fluss geht mal zu Ende.
Jeder Tränen-Fluss versiegt.
Und glücklicherweise ist auch jeder Rede-Fluss nicht endlos.
Mal ist diese Erkenntnis bedrückend, mal beglückend.
Nichts bleibt stehen. Alles geht weiter. So ist das. Ob uns das gefällt oder nicht.

War das alles, was es dazu zu sagen gibt?
Nein.
Denn es wird ganz sicher in vielen Zeiten darauf ankommen,
dass wir uns nicht treiben lassen,
dass wir in allen Bewegungen einen verlässlichen Punkt haben,
dass wir über der Endlichkeit des Schönen den Genuss nicht verlieren.
Stimmt!?

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