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GEHEIMNIS:OFFEN

Die Gelassenheit zu den Dingen und die Offenheit für das Geheimnis gehören zusammen. Sie gewähren uns die Möglichkeit, uns auf eine ganz andere Weise in der Welt aufzuhalten. Sie versprechen uns eine neuen Grund und Boden, auf dem wir innerhalb der technischen Welt, und ungefährdet durch sie, stehen und bestehen können.

Martin Heidegger, Gelassenheit, Verlag Günther Neske Pfullingen 1959, S. 24

Ein nachdenkenswertes Wortpaar: Gelassenheit und Offenheit!
Das Eine ist nicht ohne das andere zu denken – erklärt Martin Heidegger 1955 in einer Festrede für den Komponisten Conradin Kreutzer.
Denken wir dem mal nach …

„Gelassenheit“ beschreibt eine Haltung der Freiheit gegenüber den Dingen dieser Welt –
„Offenheit“ eine Haltung der Hoffnung auf das Geheimnis.
„Gelassenheit“ ist Unabhängigkeit, die gelassen hat –
„Offenheit“ ist Erwartung, die über sich hinaus denkt.
Denn: es gibt viel mehr als das, was wir besitzen können – und es gibt viel mehr als das, was wir wahrnehmen können.
Mehr als die „Dinge“. Mehr als das „Offensichtliche“.
Heidegger empfiehlt in seiner Festrede Gelassenheit und Offenheit im Umgang mit der „technischen Welt“. Die nämlich verherrlicht das Sichtbare, verklärt das Materielle – und vernachlässigt das Geheimnis.
Das Ergebnis: Materialismus und Geheimnislosigkeit.
Dietrich Bonhoeffer hat ein paar Jahre vor Heidegger genau das beklagt:
„Geheimnislos leben heißt […] an der Oberfläche bleiben. Heißt die Welt nur so weit ernstnehmen, als sie verrechnet und ausgenutzt werden kann.“

Vermutlich meint Heidegger etwas ganz Ähnliches, wenn er die Haltungen der Gelassenheit und Offenheit empfiehlt.
Wer gelassen lebt, verweigert sich ab und an auch dem Greifbaren.
Wer offen lebt, vertraut von Zeit zu Zeit auch dem Ungreifbaren.
Das öffnet neue Horizonte, dringt in neue Tiefen, trägt in neue Höhen.
Wer so lebt, rechnet mit Möglichkeiten, sieht Gelegenheiten.
Ich bin der Überzeugung:
Wer die „Dinge“ nicht lassen kann, sperrt die Freiheit aus.
Und wer das „Geheimnis“ nicht respektiert, verschließt sich dem Heiligen.
So ist das.
Auch im Glauben.

Deshalb liebe ich diese Sätze von Martin Heidegger.

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