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Wie unser Herz gegen eine Sache gestimmt ist /
so urteilt unser Verstand von derselben.
Thomas von Kempen (1380 bis 1471), Nachfolge Christi, Buch 1, Kapitel 14
Herz lenkt Verstand – das hört sich irgendwie vertauscht an.
Ist es nicht eher so, dass unser Denken die Gefühle steuern sollte?
Wahr ist – meiner Beobachtung nach:
Was sich im Herzen verankert hat, verliert nie seine Wirkung auf unser Denken.
Was unser Herz verletzt hat, wird unser Urteilsvermögen prägen.
Was unser Herz erfreut hat, wird unsere Erinnerungen verschönern.
Wir können nichts bewerten ohne Beteiligung unseres Herzens.
Wir gewinnen keine Erkenntnisse unabhängig von unseren Erlebnissen.
Thomas von Kempen hat recht:
Unsere Theorien sind nicht außerhalb unserer Biographien entstanden.
Unser Glaube wächst nicht unabhängig von unserem Erleben.
Unsere Urteile fällen wir nicht ohne unsere Stimmungen.
Unsere Weisheiten sind nicht befreit von unseren Betroffenheiten.
Erlebtes lenkt immer Gedachtes.
Herz formt Hirn.
Die Konsequenz:
Wie wir eine Sache, einen Menschen, ein Ereignis beurteilen, ist nicht zu trennen von dem,
was wir erlebt haben,
wie wir geprägt sind,
wie unser Leben geführt wurde,
wie stark sich Vorfälle in unser Herz eingebrannt haben.
Wir sind gar nicht so unabhängig, wie wir immer denken –
unser Denken ist immer unter Einfluss.
Auch in Fragen, die unseren Glauben betreffen.
Auch wie wir gesellschaftliche Entwicklungen beurteilen.
Auch wie wir über andere Menschen denken.
All das hängt an der Beteiligung und den Erfahrungen unserer Vergangenheit und Gegenwart.
Dietrich Bonhoeffer hat 1935 notiert, „dass eine Erkenntnis nicht getrennt werden kann von der Existenz, in der sie gewonnen ist“ . Bonhoeffer war ein Kind seiner Zeit. Sein Engagement und Theologie waren das Ergebnis seiner Lebenserfahrung, seiner „Existenz“. Herz und Verstand im Einklang.
Auch bei uns allen ist das so.
Jede Einsicht unseres Lebens ist durchdrungen von diesem Zusammenspiel.
Glaube und Leben,
Denken und Handeln,
Theologie und Biographie,
Verstand und Erleben – untrennbar miteinander verbunden.
Das sollte wir uns bei allen „Denkleistungen“ immer bewusst machen …


