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ÜBER:LASSEN

Vom ersten Aufwachen bis zum Einschlafen müssen wir den anderen Menschen ganz und gar Gott befehlen und ihm überlassen, und aus unseren Sorgen um den Anderen Gebete für ihn werden lassen.
Dietrich Bonhoeffer, in: Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Seite 256

Dietrich Bonhoeffer bringt diesen Satz am Heiligabend 1943 um ca. 21:30 Uhr zu Papier. Es ist Abend, und er macht sich Gedanken über seine Erfahrungen mit der Trennung von geliebten Menschen. Er spricht vom „Aushalten“ und „Durchhalten“ – und dass man durch die entstandene „Lücke“ dennoch immer „miteinander verbunden“ bleibt.
Auf den Aspekt der Sorgen weist er mit den Worten hin:
„Ich habe hier besonders erfahren, dass die Tatsachen immer bewältigt werden können und dass nur die Sorge und die Angst sie vorher ins Maßlose vergrößern“.
Dann folgt der oben stehende Satz.

Sorgen und Ängste vergrößern also das Getrennt-Sein von geliebten Menschen.
Das ist ihr Wesen.
Sorgen vermindern nicht. Ängste verhindern nicht.
Sie verstärken das Getrennt-Sein.
Deshalb brauchen wir einen guten Umgang mit unseren Sorgen und Ängsten um andere Menschen.
Bonhoeffer empfiehlt das Gebet („aus den Sorgen … Gebete werden lassen“).
Quasi ein „Umformen“ der Sorgen, ein „Umwandeln“. Oder mit den Worten von Dora Rappard gesagt: „Mach aus Sorgen ein Gebet“. Die Angst um geliebte Menschen Gott anvertrauen und dort lassen.
Das Schöne ist:
Es geht im Gebet um mehr, als nur ein Los:Lassen … es geht um ein Über:Lassen.
Beide Worte sprechen davon, dass wir mit dem Festhalten aufhören.
Bloßes Los:Lassen aber entlässt ins unbestimmte Nichts …
Über:Lassen dagegen gibt in bestimmte Hände –
in die Obhut des Lebens:Liebhabers,
des Gaben:Gebers,
des Universum:Schöpfers,
der Kraft:Quelle.

Doch Über:Lassen ist ein lebenslanges Übungsfeld.
Immer wieder müssen wir das hören … dazu aufgefordert und ermutigt werden.
Vielleicht helfen dir dazu die Worte von Martin Luther:
„Rufen musst du lernen und nicht auf der Bank liegen, den Kopf hängen lassen und dich mit deinen Gedanken beißen und fressen, sorgen und suchen, wie du es loswerdest. Sondern wohlauf, die Hände und Augen gen Himmel […] und deine Not vor Gott dargelegt, ihm geklagt und ihn angerufen.“

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