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WORT:VERZICHT

Gute Gedanken
 meiden immer den Wortschwall,

denn Wirrwarr und Phantasterei
 sind ihnen fremd.

So ist Schweigen
 zur rechten Zeit kostbar,

denn es ist nichts weniger 
als die Mutter der weisesten Gedanken.

Diadochus von Photice (5. Jahrhundert)

Es wird viel geredet. Gesprochene, geschriebene und gesungene Worte sind allgegenwärtig.
Worte durchströmen Talkshows und Zeitungen, Wahlkämpfe und Wahlplakate, Meetings und Mails. Worte durchdringen unseren Alltag – von morgens bis abends. Wir entkommen ihnen nur selten.
Was oft dabei herauskommt: Wortschwall und Wirrwarr.
Nicht alle Worte sind gut durchdacht. Sie verstören gelegentlich, manchmal verletzen sie auch. Sie verklagen gelegentlich, manchmal verführen sie auch. Sie vergiften gelegentlich, manchmal verkürzen sie auch.
Deshalb:
Ein Hoch auf Wortverzicht!
Ein Lob dem Schweigen!
„Kostbar“ nennt es Bischof Diadochus.
Denn:
Schweigen ist Empfangen.
Schweigen ist Sammeln.
Schweigen ist Nachdenken.
Schweigen ist Auswerten.
Trotzdem wird Wortlosigkeit oft als Schwäche gedeutet.
Wer schweigt, wird nicht beachtet – obwohl er/sie Beachtenswertes in seinen Gedanken trägt.
Wer schweigt, wird nicht gehört – obwohl er/sie viel zu sagen hätte.
Verkehrte Welt.
Schweigen hat die Gabe, fruchtbare Worte zu formen.
Schweigen hat die Energie, unruhige Emotionen zu beruhigen.
Und: Schweigen hat die Kraft, wirre Gedanken zu ordnen.
Wer schweigt, „holt sich selbst wieder ein, kommt wieder mehr zu sich, ist sich selbst wieder nahe“ (Uwe Böschemeyer).
So werden heilsame Worte geboren – denn Schweigen ist „die Mutter der weisesten Gedanken“.
Der Tipp für heute:
Weniger reden – mehr zuhören … weniger Worte – mehr Schweigen.

Übrigens:
Schon im 19. Jahrhundert gab es das Problem des „Schweigemangels“. 
Søren Kierkegaard, der dänische Theologe und Philosoph (1813 bis 1855) hat das mit sehr eindrücklichen Worten erklärt:
„Der heutige Zustand der Welt, das ganze Leben ist krank. Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte: „Was rätst Du?“ Ich würde antworten: „Schaffe Schweigen! Bringe die Menschen zum Schweigen.“ 

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